Demo in Düsseldorf: 100.000 Menschen auf den Straßen gegen rechts
„Braun ist nur unser Altbier“: An der bisher größten Demonstration gegen rechts in Nordrhein-Westfalen haben sich am Samstag in Düsseldorf bis zu 100.000 Menschen beteiligt. In dem Demonstrationszug durch die Stadt seien in der Spitze bis zu 65.000 Menschen mitgelaufen, bei der Hauptkundgebung auf den Rheinwiesen seien es dann schließlich sogar bis zu 100.000 gewesen, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Insgesamt fanden in NRW am Samstag rund 30 Kundgebungen gegen rechts statt.
Die Düsseldorfer Demo verlief nach Angaben der Polizei „absolut friedlich“. Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) sagte in ihrer Rede bei der Hauptkundgebung auf den Rheinwiesen, sie habe in Düsseldorf schon viel erlebt, „aber das, was ihr heute als Zeichen setzt hier auf den Rheinwiesen, alle zusammen, die ganze Stadt, Jung und Alt, hier geboren, hier zugereist, Sport, Karneval, Gewerkschaften, staatstragende Parteien, Zivilgesellschaften, das macht mich nahezu sprachlos“. Als Düsseldorferin sende sie an diesem Tag einen „schönen Gruß nach Köln“. In der größten Stadt von NRW hatten am vergangenen Sonntag 70.000 Menschen demonstriert und am Dienstag davor 30.000.
Neubaur und Keller warnen vor der Vergangenheit
Neubaur ging in ihrer Rede auf die über 100 Jahre alte Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ein, die kürzlich gesagt hatte, so wie jetzt habe es in der Weimarer Republik auch angefangen. Diesmal, so Neubaur, werde man aber nicht einfach zusehen, wie die Nazis die Demokratie vernichteten: „Es ist unser Land, unsere freiheitliche Demokratie – die verteidigen wir zusammen!“ Die Rechtsextremisten würden jetzt gerade schon unruhig, weil sie feststellen müssten, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aufstehe und laut sei. „Nie wieder ist jetzt – wir haben verstanden!“, so Neubaur.
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Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) sagte, um 1930 seien die Gefahren für die erste deutsche Demokratie unterschätzt worden. Warner wie der Schriftsteller Thomas Mann seien belächelt worden. „Das darf uns nicht noch einmal passieren“, mahnte er. „Den Extremisten rufen wir zu: Nie wieder werdet ihr in der Mehrheit sein!“
Auch in Aachen wurde demonstriert
Auf den Transparenten in Düsseldorf standen Aufschriften wie „Ich mag Nazis generell nicht“ und „Nicht nochmal!“ Ein 69-Jähriger, der nach eigenen Worten erstmals seit Jahrzehnten wieder in einer Demo mitlief, sagte: „Wenn wir jetzt nicht Flagge zeigen, gehen wir in eine Richtung, aus der wir nicht mehr rauskommen.“
In Aachen beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 20.000 Menschen an der Demo „Wir sind Aachen. Nazis sind es nicht“. Zu den Rednern gehörte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der am Abend mit dem Orden wider den tierischen Ernst ausgezeichnet werden sollte. Er erinnerte daran, dass die AfD auch einmal im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten gewesen sei. „Wir Demokratinnen und Demokraten haben zusammengehalten, haben uns untergehakt, haben den Diskurs miteinander geführt, haben ihnen gezeigt, dass eine Demokratie vom Wettstreit der Argumente lebt“, sagte Günther. Das Ergebnis sei gewesen, dass die AfD 2022 aus dem Landtag geflogen sei.
Einzelne Plakate wurden aus dem Verkehr gezogen
„Wir sind eine extremistenfreie Zone in Schleswig-Holstein“, sagte Günther unter dem tosenden Beifall der Demonstranten. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), CDU-Politikerin Julia Klöckner und der ehemalige CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet nahmen an der Kundgebung teil. Auf Transparenten standen Aufschriften wie „Keine Printen für Nazis“ und „Wer in einer Demokratie einschläft, muss damit rechnen, in einer Diktatur aufzuwachen!“.
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Eine Polizeisprecherin sagte, in Aachen seien einige Plakate aus dem Verkehr gezogen worden wegen des Anfangsverdachts der Beleidigung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Davon abgesehen sei die Kundgebung aber völlig friedlich verlaufen. In der 55.000-Einwohner-Stadt Eschweiler bei Aachen demonstrierten 5000 Menschen gegen rechts.
Auslöser für die Proteste waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November, an dem einige AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang. Laut Correctiv nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und „nicht assimilierte Staatsbürger“.