Aus einer Düsseldorfer Goldschmiede: Die silberne Berlinale-Kamera kommt vom Rhein

Bei der Berlinale werden nicht nur Bären verliehen. Auch die silberne Kamera ist ein Preis der Filmfestspiele und sie kommt aus Düsseldorf.
Die silberne Berlinale-Kamera. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Die silberne Berlinale-Kamera. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Meryl Streep hat sie erhalten und auch Clint Eastwood, Claude Chabrol, Rosa von Praunheim oder Michael Ballhaus haben die Berlinale-Kamera schon mit nach Hause genommen. Denn es werden nicht nur Bären verliehen. Mit der Berlinale Kamera werden seit 1986 bei den Filmfestspielen Persönlichkeiten oder Institutionen geehrt, die sich um den Film verdient gemacht haben. Ebenso lange ist der angesehene Ehrenpreis eng mit Düsseldorf verbunden. Denn angefertigt wird die Berlinale-Kamera seit bald 40 Jahren von einer besonderen Goldschmiede in Düsseldorf.

Komplizierte Kleinarbeit

Schmuckdesigner Alexander Hornemann macht sich in diesen Tagen wieder auf den Weg nach Berlin. Im Gepäck hat er die 26 Zentimeter hohe Kamera aus 128 Einzelteilen mit beweglichem Schwenkkopf und Stativ. Jedes Jahr bringt er die in dreiwöchiger Kleinarbeit im Atelier an der Kö angefertigte Miniaturkamera aus Silber und mit Platin überzogen nach Berlin. Häufig war er auch bei der Preisverleihung dabei. „Der lustigste Preisträger war Claude Chabrol“, sagt Hornemann. „Der hat die Kamera bekommen, ist über die ganze Bühne gelaufen und hat so getan, als würde er alle die Zuschauer filmen.“

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Begonnen hatte alles mit einem Wettbewerb 1986, bei dem Hornemanns Entwurf gewann. Damals stand die Kamera noch auf einem Acrylblock, der die Berliner Mauer symbolisierte. Nach dem Fall der Mauer wurde das Modell überarbeitet. Nun steht die Kamera, die bis ins Detail den heute noch gebräuchlichen Filmkameras nachempfunden ist, auf einem schlanken dunklen Holzsockel.

Dieses Jahr wird bei den 74. Internationalen Filmfestspielen der Regisseur und Autor Edgar Reitz mit der Berlinale Kamera geehrt. Am 22. Februar soll der 91-Jährige den Preis entgegennehmen.

Die Berlinale-Kamera ist vielleicht nicht ganz so bekannt wie die silbernen und goldenen Bären, die jedes Jahr verliehen werden. Aber ihre Herstellung aus 128 Einzelteilen, die alle einzeln zusammengelötet und -geschraubt werden müssen, dürfte um einiges komplizierter sein als das Gießen der Bären. Mehr als 100 Kameras hat das Atelier von Georg Hornemann und dessen Sohn Alexander bereits angefertigt – oft mehrere gleichzeitig, wenn in einem Jahr mehrere Persönlichkeiten mit der Trophäe ausgezeichnet werden.

Die silberne Berlinale-Kamera. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Gold und Kunst

Dieses Jahr ist Alexander Hornemann nicht bei der Verleihung der Berlinale-Kamera dabei, weil er eine Ausstellung in der Schweiz hat. Der Goldschmied aus Düsseldorf ist nämlich kein klassischer Juwelier. Hornemann arbeitet seit Jahren eng mit Künstlerinnen und Künstlern zusammen. „Ich bin eigentlich eher in der Kunstwelt“, sagt Hornemann. Natürlich kenne er auch den ein oder anderen Filmregisseur und Schauspieler. „Wir haben aber mehr Beziehungen zu Künstlern und eigentlich weniger zum Film.“

Die Kooperation zwischen Kunst und Goldschmiede bringt überraschende Werke hervor. So fertigte Hornemann 2015 für die renommierte Bildhauerin Alicja Kwade 97 Goldwürfel an. Natürlich nicht irgendwelche. Für 97 Länder teilte Alicja Kwade das Gewicht der jeweiligen staatlichen Goldreserven durch die Anzahl der Einwohner. Das Pro-Kopf-Gewicht an Gold ließ sie von Hornemann dann als Würfel in Feingold fertigen – ein Symbol für die Menge Gold, die jedem Bürger eines Staats theoretisch zusteht. Das Ergebnis: Der Schweizer und der libanesische Würfel waren die größten. Deutschlands Goldwürfel lag auf Platz drei.

Auch mit Rita McBride, Kris Martin und mit dem exzentrischen Kunstphilosophen Bazon Brock arbeiteten die Hornemanns zusammen. Für Bazon Brock fertigte Hornemann in den 80er Jahren goldene Essstäbchen an – als Demonstration, dass Luxus das ökonomisch sinnvollste Konzept sei. Brocks These: Die Kosten für ein Paar hochwertiger goldener Essstäbchen seien sehr viel geringer als die Kosten für die lebenslange tägliche Anschaffung von drei Paar hölzernen Essstäbchen.

Idee ist wichtiger als der Wert

Alexander Hornemann führt das Atelier zusammen mit seinem 83-jährigen Vater Georg, der es auch gegründet hat. Die Räume stehen voller teils kurioser Skulpturen – hier ein tanzendes Goldskelett, da ein Kugelfisch auf einem Totenkopf. Georg Hornemann hatte sogar einmal eine eigene Ausstellung im Duisburger Lehmbruck-Museum, eine der wichtigsten Adressen im Ruhrgebiet für Bildhauer-Kunst. „Denn die kleinste Skulptur ist ein Ring“, sagt Hornemann.

Das Arbeitsmaterial muss dabei durchaus nicht immer Gold oder Edelstein sein. „Aber es muss eine gute Idee beinhalten“, sagt Alexander Hornemann. „Wir haben einfach ein sehr großes Interesse, unseren Horizont etwas zu erweitern.“

dpa